High Noon in der Toskana
Am Sonntag Morgen schlafe ich gewöhnlich aus. Tief und fest wie ein Murmeltier. Mein größter Luxus.
Aber leider klingelt das Mobiltelefon. Gut, ich schlage die Augen auf und nehme das Gespräch an…
„Hallo?
– Katharina? höre ich eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung.
-…Ja?
– Hier ist Frank Krämer. Tut mir leid, Sie am Sonntag stören zu müssen.
– Dr. Krämer! Ja, wie geht es Ihnen?
– Eigentlich gut, bis auf das Problem mit dem Internet. Es funktioniert nicht mehr. Seit ungefähr einer Stunde. Ich brauche es wirklich dringend, wie Sie wissen….
– Oh, das tut mir leid. Ich versuche Arturio zu erreichen, den Manager des Gutes. Er wird sich darum kümmern. Ich melde mich, wenn ich ihn erreicht habe.
– Tausend Dank, Katharina!“
Die Familie Krämer war gerade in Il Mulino angekommen, einem Bauernhaus in der Toskana, das sie für 2 Wochen gemietet hatten. Er, seine Frau Susanne und die Kinder kamen von München und waren die ganze Strecke mit dem Auto gefahren.
Dr. Krämer ist Wirtschaftsanwalt, und als er vor Wochen bei uns angefragt hatte, betonte er, wie wichtig eine verlässliche Internet-Verbindung für ihn sei. Er hätte in seinen ersten Ferientagen noch einen dringenden Bericht abzuschließen. Ich empfahl im deshalb Il Mulino: Schließlich hat es einen High-Speed-Satelliten-Zugang zum World Wide Web.
Normalerweise sehr verlässlich….
„Arturo, hier ist Katharina. Es tut mir leid, am Sonntag stören zu müssen. Aber in Il Mulino gibt es ein Problem mit dem Internet. Unser Gast muss einen dringenden Bericht fertigschreiben….
– Oh, tatsächlich? Mach Dir keine Sorgen, ich kümmere mich sofort um die Angelegenheit.“
Arturo begab sich sofort, auf dem kürzesten Weg, ins Dorf-Café, wo der Haus-Elektriker von Il Mulino gerade mit ein paar Freunden seinen Sonntag-Morgen-Kaffee trank. Ein Vergnügen, das er sofort unterbrach, als er von dem Problem hörte. „Ein Notfall ist eben ein Notfall!“ vertröstete er seine Freunde und eilte zum Ort des Geschehens.
Nun kommen wir zur entscheidenden Szene: Schauplatz ist das Dach des ehrwürdigen Bauernhauses. Die Helden: Der Elektriker und sein Teenager-Sohn. Inzwischen halten der Manager und auch der Besitzer des Landgutes die Leiter und sparen nicht mit guten Ratschlägen:
„Pass auf, dass Du keinen Stromschlag bekommst, Massimo!“
„Wenn ihr mich weiterhin so nervös macht, bestimmt“.
Während des gefährlichen Showdowns rief ich ständig bei Arturo an, um auf dem Laufenden zu bleiben.
„Unser Mann ist auf dem Dach, Katharina. Er kämpft gerade mit dem Unglücks-Raben!
– Mit wem ???“
Der Störenfried war tatsächlich ein Vogel, er hatte sich in der Satellitenschüssel verfangen. Nachdem es gelungen war, ihn zu befreien, musste der Elektriker nur ein paar Kabel neu verbinden. Der ganze Spuk war in einer halben Stunde vorbei.
Dr. Krämer fiel ein Stein vom Herzen und aus Freude, wieder Internet zu haben, spendierte er eine Flasche großartigen italienischen Weißweins. Es war mittlerweile Mittag, der Himmel strahlend blau und das Finale perfekt für einen Drink unter Freunden.
Nun denken Sie sicher, ich erzähle Ihnen das nur, um zu beweisen, wie gut ich mich um meine Gäste kümmere? Natürlich. Ich kümmere mich wirklich sehr gut um sie… oder versuche es jedenfalls.