Eine geheimnisvolle Geschichte aus Sardinien
Letztes Jahr verbrachte ich ein paar Tage in Sardinien, in der Villa dell’Orso. Sie finden die Villa im Trust&Travel-Portfolio, sie liegt auf der Südspitze Sardiniens, auf dem berühmten Capo d’Orso, ein unberührtes Fleckchen Paradies, umgeben von kristallklarem Wasser, inmitten einer Granitlandschaft mit den erstaunlichsten Gesteinsformationen.
Alberto Ponis hat die Villa in den 1970er Jahren erbaut, in seinem klaren, informellen Stil, der in Sardinien viele Spuren hinterlassen hat. Sie liegt unweit eines weißen Strandes und blickt auf eine herrliche Bucht. Im Hintergrund erspäht man die Maddalena-Inseln, ein sardisches Naturschutzgebiet. Diese Aussicht ist unvergleichlich.
Eines Morgens beschloss ich, die ersten warmen Sonnenstrahlen zu nutzen und einen Liegestuhl auf der Terrasse zu beziehen. Mit von der Partie war ein Buch, das ich bislang noch nicht kannte, Accabadora von Michela Murgia. Ich schlug es auf – und wurde sofort von der Geschichte in Bann geschlagen. Es war so fesselnd, dass ich irgendwann merkte, dass ich ganze 2 Stunden die Augen nicht vom Text gelassen hatte. Den strahlenden Himmel und das herrliche Meer hatte ich total vergessen.
Dabei wurde mir klar, dass man aus einem Roman bisweilen mehr über ein fremdes Land und seine Bewohner erfahren kann als aus einem Reiseführer.
Accabadora wurde in Italien ein Bestseller, vielfach überhäuft mit Literatur-Preisen. Es wurde auch ins Englische, Französische und Deutsche übersetzt. Das Interesse des Publikums – und der Presse erregte nicht nur auf das große Talent der Schriftstellerin, sondern auch das Thema dieses spannenden Romans. Es ist durchaus provokant.
Ich möchte Ihnen nicht den Lesegenuss trüben, indem ich hier alles verrate. Nur soviel: Die Geschichte spielt im ländlichen Sardinien, in den 50er Jahren. Accabadora ist ein sardischer Begriff für einen mitfühlenden Engel, der sich um Kranke und Sterbende kümmert, eine Art Transmitter zwischen Diesseits und Jenseits. Man kann auch von Sterbehilfe sprechen.
Bonaria Urrai, die Accabadora der Gegend, ist eine der Heldinnen des Buches. Sie wird von den Angehörigen zum Lager der Todkranken gerufen. Sie versucht, das Leiden zu verkürzen, indem sie den Übergang ins Reich der Toten beschleunigt.
„Ach, und das nennst Du eine entspannende Ferien-Lektüre?“ fragte mich meine Freundin ungläubig, als ich ihr am nächsten Tag davon erzählte. „Ich finde das eher makaber!“
Nein, das finde ich nicht. Es regt zum Denken an, ist spannend geschrieben, unterhält – und man erfährt sehr viel über Sardinien. Ich kann es nur empfehlen!