Geschichten von Krieg und Liebe in der Toskana (Teil 2)
In meinem letzten Beitrag habe ich Ihnen die Geschichte der Familie Origo erzählt, besser, ich versuchte eine Skizze der Origo-Familie.
Wie ich bereits erwähnte, bin ich dieser Familie sehr verbunden, sie spielt eine große Rolle in meinem eigenen Leben.Heute lesen Sie die Fortsetzung dieser sehr persönlichen Skizze. Und nächste Woche dann den Schluß.
Kurz, nachdem sie das 3000 Hektar umfassende Gut erworben hatten, machten sich Iris und Antonio Origo an die Arbeit. Sie entwickelten eine völlig neue Infrastruktur.
Zuerst wurde die Hauptvilla renoviert. Die über 50 Bauernhäuser, die auf dem riesigen Grund verstreut lagen, wurden umgebaut oder völlig neu errichtet. Sie gründeten eine Schule und ein Ambulatorium. Dieses nannten sie nach ihrem Erstgeborenen Gianni, der im Alter von 7 Jahren einer Meningitis zum Opfer fiel.
Ebenso unermüdlich widmeten sich die Origos dem geistigen Aufbau. Sie führten modernere – oder einfach nur bessere landwirtschaftliche Methoden ein und propagierten fortschrittliche soziale Ideen.
Doch nun zogen dunkle Wolken auf. Der 2. Weltkrieg war ausgebrochen und Iris Origo begann ein Tagebuch über ihr Leben in La Foce. Im Juni 1940 notierte sie:
„Alles, was ich tun kann, ist in mir etwas zu pflegen, was nicht nur Angst, Ärger oder Ratlosigkeit ist. Vielleicht ist es sinnvoll, dass ich mich hinsetze und so wahrheitsliebend und einfach, wie ich nur kann, die kleinen Aspekte, der großen Ereignisse, die vor uns liegen, niederzuschreiben. Die, die ich selbst unmittelbar erlebe.“
Am Vorabend von Italien’s Eintritt in den Krieg, an der Seite von Nazi-Deutschland, war Iris hochschwanger, sie erwartete Benedetta, ihre erste Tochter. In ihrem Herzen war sie gespalten: Mit ihren Anglo-Irischen Wurzeln hatte sie ein privilegiertes Leben geführt: Wohlstand, Bildung, Kultur, Geist, Gesellschaft. In Irland und Amerika hatte es ihr an nichts gefehlt. Aber sie hatte sich seit ihrer Jugend in Italien wohlgefühlt. Und einen italienischen Grafen geheiratet. Wo gehörte Sie hin?
Iris Origos Aufzeichnungen waren nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Sie führte ihr Tagebuch, über die alltäglichen Vorkommnisse in ihrem persönlichen Kreis, um im allgemeinen Chaos einen kühlen Kopf zu behalten. Die knappe, schnörkellose Prosa ihrer Texte entspricht der Unmittelbarkeit, in der sie Gedanke wie Ereignisse zu Papier brachte. Wann immer sie konnte, oft mitten in der Nacht, schrieb sie.
Natürlich wurde das Tagebuch tagsüber gut versteckt. Ihr war klar: Wenn ihre Aufzeichnungen entdeckt würden, wäre sie ihres Lebens nicht mehr sicher.
Der letzte Teil folgt nächste Woche.