Hochwasser in Venedig
Ich war schon mindestens hundertmal in Venedig, und noch nie hatte ich dieses Phänomen erlebt, von dem ich schon 20 Jahre lang hab erzählen hören. Doch schließlich, am 5. November 2017, war es soweit. Ich war da und sah es mit eigenen Augen: acqua alta, Hochwasser in Venedig.
An diesem Tag erreichte das Wasser die Marke von 127 cm auf der mareographischen Skala – der Höchststand des Jahres 2017! Ob Sie es glauben oder nicht: Ein Drittel der Serenissima stand unter Wasser.
Das Wasser begann am Ende des Tages zu steigen. Auf dem Weg zu unserem Abendessen hatten wir bemerkt, dass überall auf den Straßen Roste und Stege aufgebaut waren, obwohl der Boden noch trocken war. Auch wurden wir von beängstigend
heulenden Sirenen überrascht, die Assoziationen eines drohenden Luftangriffs heraufbeschworen. Der Heulton ging in ein regelmäßiges Piepsen über, das den Venetianern mitteilte, wieviel Wasser zu erwarten sei – und wie sehr sie ihre Häuser und Geschäfte schützen sollten.
Als wir nach einigen Stunden unser Restaurant wieder verließen, konnte ich es kaum glauben: Überall Wasser! Nun freuten wir uns sehr über die Stege und Roste auf den Straßen, wie Sie sich vorstellen können.
Am nächsten Morgen erwachte ich mit der dringenden Frage nach der aktuellen „Lage“.
Als ich früh den Palazzo Ca’nova verließ, war das Wasser bereits gesunken. Ich brauchte die Stege vor der Kirche San Moisè nicht mehr. Während ich schlief, war fast alles getrocknet. Nur der sterbende Seetang an den Stühlen vor den Cafés von San Marco war vom Hochwasser übriggeblieben.
Am Nachmittag schaute ich dann bei Chiarastella Cattanas feinem Stoff-Geschäft vorbei,
und dort stolperte ich über ein neues Buch, Acqua in Piazza. Es handelt vom venezianischen Hochwasser, geschrieben haben es Jane de Mosto, die wir hier schon einmal interviewt hatten, und Giannandrea Mencini. Das Buch ist wunderbar gestaltet und enthält genauste Infos über naturwissenschaftliche, geschichtliche und zukunftsbetreffende Aspekte des acqua alta.
Die Serenissima hat übrigens eine eigene Website zum Thema.