Gespräche mit Landgut-Besitzern: Francesca Papafava, Teil 1
Kürzlich besuchte ich Francesca Papafava auf dem Landgut Frassanelle.
Francesca ist in Mailand aufgewachsen und hat sich vor 10 Jahren entschieden, auf dem Familienbesitz zu arbeiten. Wir kamen ins Gespräch.
Katharina: Wann hast Du beschlossen, Frassanelle für den Agriturismo zu öffnen?
Francesca: Als mein Vater und seine Geschwister das Gut erbten, war alles in sehr schlechtem Zustand. Immer noch wunderschön, aber eben heruntergekommen. Wir standen vor der Wahl, zu verkaufen, oder uns Geld zu organisieren, um alles wieder in Schuss zu bringen. Ich habe meinen Vater überredet, zu restaurieren. Und seitdem arbeite ich hier, beaufsichtige die Renovierungen und zahle die Rechnungen mit den touristischen Einnahmen.
Was ist Dein Lieblingsplatz auf Frassanelle?
Der Berg Monte Piatto, vor der Villa. Ganz oben liegt ein Wald, durchzogen von verschlungenen, romantischen Pfaden. Ich liebe es, von hier aus die Villa zu sehen. Es erinnert mich an meine Kindheit, als ich bei den Großeltern zu Besuch war.
Wann kam Frassanelle in den Besitz der Familie Papafava?
Oh, das ist eine lange Geschichte. Es gibt Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, die die Anwesenheit der Papafavas in der Gegend von Rovolon bezeugen. Adelmonta de Maltraversi, die Frau von Giacomino da Carrara Papafava, soll das Land als Mitgift mit in die Ehe gebracht haben.
Aber eine spätere Geschichte ist noch interessanter: Die Carraresi waren Herren von Padua, von 1318 bis 1405, als die Venetianer Padua eroberten. Francesco Novello da Carrara und 2 seiner Söhne wurden im selben Jahr in Venedig hingerichtet, ein dritter Bruder entkam, verlor aber einige Jahre später sein Leben, als er den Widerstand gegen die Venetianer organisieren wollte.
Taddea Ariosti, Witwe seines Cousins, suchte Unterschlupf bei einem anderen Cousin, dem Herzog d’Este von Ferrara.
Hier gebar sie ihr drittes Kind, brachte alle drei Kleinen in Sicherheit und machte sich auf, ihre Besitzungen auf den Eugenäischen Hügeln zu verteidigen. Es waren harte Zeiten, die Venezianer versuchten mit allen Mitteln die Spuren der Carrara Dynastie auszulöschen. Palazzi und Statuen wurden zerstört, Wappen von den Fassaden der meisten Städte im Veneto abgestemmt. Alle Besitze der Carrara wurden enteignet und an die Venezianischen Adeligen verteilt.
Sie war eine starke Frau mit großer Ausdauer, und schließlich gelang es ihr nachzuweisen, dass sie die rechtmäßige Besitzerin war!
Noch eine starke Frau – wie Du. Wie viele Generationen arbeiten zur Zeit auf Frassanelle?
Nun, insgesamt waren hier gut 30 Generationen Papafavas. Jetzt arbeiten hier zwei, die meines Vaters und meine. Einmal kam ein junges Brautpaar zu Besuch, und der Vater der Braut fragte mir buchstäblich ein Loch in den Bauch. Seiner Tochter war das ziemlich peinlich und sie wollte ihn unterbrechen. Aber er meinte nur: Laß mich bitte, man spricht nicht jeden Tag mit einem Monument der Geschichte.
So fühle ich mich manchmal, wenn ich die Gebäude und die Mitarbeiter und die Kunstschätze anschaue, wie ein Denkmal. Monumente sind schwer zu erhalten. Aber auf Frassanelle ist noch vieles intakt. Hier leben Menschen, Geschichte und Geschichten, die Natur, und das gibt uns Zukunft.
Erinnerst Du Dich an Deine Großeltern? Was hast Du von ihnen gelernt?
Oh, ich erinnere mich gut. Mein Großvater im Arbeitszimmer, schreibend. Meine Großmutter im Wohnzimmer, wo sie den Tee servierte. Ich erinnere mich, dass immer viele Onkel und Tanten da waren, und an die philosophischen und politischen Diskussionen im Wohnzimmer. Besonders wichtig war Weihnachten. Großmutter schmückte den Weihnachtsbaum in der Halle, und Tante Fina baute die Krippe auf. Stück für Stück. Zuerst waren nur die Hirten da, Ochs und Esel, dann trafen Maria und Josef ein. Am Heiligen Abend lag das Christkind in der Krippe, und wenn ich am 6. Januar wieder nach Mailand zurückfahren musste, waren auch die 3 Heiligen Könige eingetroffen.
Die Figuren waren fast 40 cm hoch, sie müssen irgendwo verloren gegangen sein. Ich hab sie seitdem nicht mehr gesehen.
Weihnachten feierten wir mit allen Bauern von Frassanelle, und natürlich auch mit Geschenken vom Weihnachtsmann. Ich weiß noch, wie meine Kindheit abrupt zu Ende war, als meine Schwester Novella den Weihnachtsmann fragte „Warum hast Du eigentlich ein Gummiband in deinem Bart?“
War einer Deiner Vorfahren besonders erinnerungswürdig?
Das war mit Sicherheit Pietro Brazzà, obwohl er nicht in direkter Linie mein Ahne ist. Seine Schwester war meine Ur-Urgroßmutter, und so sind wir doch verwandt. Pietro war abenteuerlustig, er bereiste Afrika und gründete Brazzaville, die einzige Stadt in Afrika, die immer noch den Namen eines Kolonialisten trägt.
Er muss sehr beliebt dort gewesen sein, er lief barfuß herum, befreite Sklaven und war das glatte Gegenteil von Stanley, der am anderen Ufer des Kongo recht gewaltsam agierte.
Danke, Francesca. Das war die Vergangenheit der Papafavas, im übernächsten Blog plaudern wir dann ein wenig über die Zukunft Frassanelles.
Bis dann,