Der Heissluftballon Wettkampf – Gespräche mit Landgut-Besitzerin Francesca Papafava, Teil 3
Aufmerksamen Lesern ist hoffentlich nicht entgangen, dass ich mich neulich länger mit Francesca Papafava unterhalten habe, der Besitzerin des Landguts Frassanelle. Wir unterhielten uns über Geschichte, Tradition, Zukunft und Visionen. Zu guter Letzt fragte ich noch Francesca, ob sie besondere Erinnerungen an Vorfahren hätte.
Francesca: Ja, sicher war ich als Kind am meisten von meinem Großvater beeindruckt.
Katharina: Inwiefern?
Francesca: Jedes Jahr feierte mein Großvater am 4. November Italiens Sieg im 1. Weltkrieg. Die Fotos stammen aus dem Jahr 1955, Großvater sieht man links, mit Hut.
Die Feierlichkeiten begannen mit einem Ballonflug. Man erhitzte die Luft im Ballon, worauf er ganz hoch in den Himmel stieg. Die ganze Operation verlangte viel Aufmerksamkeit, man musste den Ballon in Balance halten, bis er mit der heißen Luft gefüllt war.
Ständig drohte er einzufallen, das hätte bedeutet, dass der ganze Ballon in Flammen aufgehen würde. Wenn es windig war, dann war es natürlich noch viel schwieriger. Aber wenn er sich einmal in die Lüfte erhoben hatte, dann rief Großvater begeistert:
„Dieser Ballon ist wie die Tugend: Sie muss kämpfen, um sich durchzusetzen. Aber dann kann sie nichts mehr aufhalten und sie führt geradewegs in himmlische Gefilde.“
Wir alle folgten dem entschwebenden Ballon mit großer Aufmerksamkeit. Denn irgendwann würde die heiße Luft abkühlen und der Ballon wieder auf die Erde fallen. Wer ihn dann fand, dem winkte ein Preis. Sobald klar war, in welche Richtung der Ballon davonflog, begaben sich alle auf Verfolgungsjagd. Zu Fuss, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto.
Meine Schwester Maria Novella und ich waren noch klein, und so haben wir nie den Preis gewonnen. Deshalb kann ich mich auch nicht erinnern, woraus er bestand. Es waren meistens Bauern, die auf dem Landgut lebten und arbeiteten, die den Preis gewannen. Sie kannten das Gebiet wie ihre Westentasche.
Jedenfalls: Die Suche nach dem Ballon war eine wichtige Angelegenheit, die etliche Stunden in Anspruch nahm. Inzwischen schlichtete man auf dem Monte Olivo, nahe der Villa Lieta, einen riesigen Scheiterhaufen auf, mit Tonnen von Holz. Sobald die Sonne sank, wurde er angezündet. Ich kann mich noch erinnern, wie das Freudenfeuer fast mein Gesicht verbrannte.
Meine Onkels und die mutigeren der Bauern versuchten sich damit zu übertrumpfen, indem sie über das Feuer sprangen. Sie nahmen einen riesigen Anlauf und wurden von den anderen mit ohrenbetäubendem Lärm angefeuert.
Die Älteren hielten inzwischen Decken bereit, falls die Kleidung eines der Springenden Feuer fangen sollte, vermutlich hatten sie ihre Erfahrungen.
Schließlich endete der Tag in der Fattoria, das ist die Meierei des Landguts. Wir bekamen heiße Maroni, Wein und schließlich gab es einen Tanz auf der Tenne, mit Akkordeon-Begleitung. Bevor der Tanz losging, versammelten sich noch alle um den großen Tisch und Großvater hielt eine Rede. Wir Kinder hatten natürlich keinerlei Geduld, aber sie war recht kurz, gütig und immer wieder anders.
Viele der Anwesenden hatten wie Großvater am 1. Weltkrieg teilgenommen und viele hatten auch geliebte Menschen verloren. Als Großvater dann am Ende angekommen war, hob er sein Glas und sprach einen Toast auf den Sieg. Dann konnte die Party beginnen.
Katharina: Ich danke Dir Francesca für diese wunderschönen Errinnerungen.